„Eine Erinnerung ist eine Erinnerung ist eine Erinnerung?“ Eine Ausstellung in der ehemaligen Synagoge Kriegshaber

„Rose ist eine Rose ist eine Rose ist eine Rose“, schrieb die US-amerikanische Schriftstellerin Gertude Stein 1913 in ihrem Gedicht „Sacred Emily“. Die neue Ausstellung des Jüdischen Kulturmuseums Augsburg-Schwaben in seiner Zweigstelle Ehemalige Synagoge Kriegshaber „Eine Erinnerung ist eine Erinnerung ist eine Erinnerung?“ knüpft an dieses berühmte Zitat an. Warum? Bis 17. Juni 2018 sind 23 Objekte zu sehen, die ursprünglich aus dem Umfeld der Synagoge stammen und nur für diese Ausstellung aus der ganzen Welt zurückgekehrt sind. Sie sind Träger verschiedener Erinnerungen, die sich in Schichten übereinander legen und deren Bedeutung nicht einfach zu bestimmen ist.
Diese in der Zeit des Nationalsozialismus vandalisierte Tora-Krone gelangte 1950 ins Hebrew Theological College in Skokie, Illinois. Heute ist sie im Illinois Holocaust Museum and Education Center zu sehen.
Diese in der Zeit des Nationalsozialismus vandalisierte Tora-Krone gelangte 1950 ins Hebrew Theological College in Skokie, Illinois. Heute ist sie im Illinois Holocaust Museum and Education Center zu sehen.

Die Synagoge Kriegshaber ist eins der zwei in Augsburg erhalten gebliebenen Synagogengebäude. In der Zeit des Nationalsozialismus wurden die Ritualgegenstände der jüdischen Gemeinde, darunter kostbarer Tora-Schmuck, wertvolle Textilien, seltene Manuskripte und auf den ersten Blick unscheinbar erscheinende Gebrauchsgegenstände, in alle Welt verstreut.

Auch das Jüdische Museum München besitzt heute eines dieser Objekte, das es im Jahr 2004 als Ausnahmefund über eBay erworben und für die Ausstellung gerne zur Verfügung gestellt hat. Es handelt sich um ein Gebetbuch für den Schabbat (Seder Tikkune Schabbat) vom Ende des 18. Jahrhunderts. Die Handschrift bewahrt über fünf Generationen das Andenken an verstorbene Angehörige der weitverzweigten Familie Obermayer, die aus Kriegshaber stammte.

Seder Tikkune Schabbat / Gebetbuch für den Schabbat. Süddeutschland 1790/1800. Jüdisches Museum München

Die einstige Ausstattung der Synagoge Kriegshaber ist nicht überliefert und der Verbleib der meisten Kultgegenstände nicht bekannt. Auch der Weg der gezeigten Objekte an ihre heutigen Aufenthaltsorte wie das Illinois Holocaust Museum and Education Center bei Chicago oder die Central Archives for the History of the Jewish People in Jerusalem wirft viele Fragen auf. Die Rückkehr der Exponate ist zwar nur temporär, jedoch ließen sich die Kuratorinnen der Ausstellung Felicitas Heimann-Jelinek, Benigna Schönhagen und Souzana Hazan zusammen mit dem Architekten Martin Kohlbauer einen Trick einfallen, mit dem ihre Präsenz ein Stück weit erhalten werden kann: Mittels Siebdruck wurden sowohl die Objekttexte als auch Abbildungen der Exponate auf den Synagogenwänden festgehalten.

Die Zweigstelle in der Ehemaligen Synagoge Kriegshaber kann auch während der Feiertage wie gewohnt von Donnerstag bis Samstag von 14 bis 18 Uhr und Sonntag von 13 bis 17 Uhr besucht werden.

Zur Ausstellung erscheint ein deutsch-englischer Katalog mit Beiträgen von Micha Brumlik, Sabine Ullmann, William L. Gross sowie Souzana Hazan, Felicitas Heimann-Jelinek und Benigna Schönhagen: Benigna Schönhagen (Hrsg.), Eine Erinnerung ist eine Erinnerung ist eine Erinnerung? Judaica aus dem Umfeld der Synagoge Kriegshaber, Berlin: Hentrich und Hentrich 2018, 172 Seiten, 25,00 Euro.