Bildgeschichten: Priska Schluttenhofer

„Dieses Bild ist Priska u. ihr Eigentum [,] den 10. April 1935 v. L. Eckertsperger“, schrieb der Künstler Leonhard Eckertsperger auf die Rückseite dieses Porträts. Wer war diese Frau mit dem ungewöhnlichen Vornamen und dem leicht amüsierten Blick?
Auf dem Ölgemälde ist Priska Schluttenhofer porträtiert. Die junge Frau sitzt leicht nach links gedreht und blickt die Betrachtenden direkt an. Sie trägt ein blaues Kleid mit einem weißen, breiten Kragen und einen Schlapphut. Darunter sind ihre braunen Haare zu sehen, die ihr bis zum Ohr reichen. Schluttenhofer trägt eine Brille mit runden Gläsern und roter Einfassung.
Porträt Priska Schluttenhofer, Leonhard Eckertsperger, München, 1935, JM 07/2023, © Jüdisches Museum München, Foto: Eva Jünger

Priska kam am 27. Februar 1898 als Tochter des Buttenwiesener Viehhändlers Abraham Adolf Sänger in München zur Welt. Ihre Mutter Rosa, geb. Friedberg, stammte aus Hamburg. 1890 heirateten die beiden und lebten offenbar eine Weile dort. Die älteste Tochter Edith kam in Altona zur Welt. 1892 zog die kleine Familie nach München. Priskas älterer Bruder Waldemar wurde in Buttenwiesen geboren. Er fiel im Ersten Weltkrieg. Priska kam in München zur Welt, ihr jüngerer Bruder Lothar in Frankfurt am Main. Das jüngste Kind Irma lebte nur wenige Tage. Nach dem Tod des Vaters 1914 ließ sich die Familie dauerhaft in München nieder.

Schwarz-weiß-Foto von einem mehrstöckigen Geschäftshaus. Im ersten Stock ist die Aufschrift "S. Eichengrün & Co." zu lesen.
S. Eichengrün & Co. am Promenadeplatz / Ecke Karmeliterstraße, Foto: Stadtarchiv München, DE-1992-FS-HB-XX-P-117

Am 20. August 1921 heiratete Priska Sänger den Handwerker Ludwig Schluttenhofer. Nach einer Ausbildung zur Schneiderin arbeitete sie 24 Jahre lang als Verkäuferin bei der renommierten Münchner Textilwarenfirma S. Eichengrün & Co. Im März 1938 wurde der Betrieb enteignet und Priska Schluttenhofer entlassen. Nach dem Tod ihres Mannes war sie die Lebensgefährtin des Künstlers Leonhard Eckertsperger geworden. Spätestens ab 1939 versuchten die beiden, Deutschland zu verlassen. Sie wurde am 20. November 1941 nach Kaunas verschleppt und fünf Tage später dort ermordet ebenso wie ihr Bruder Lothar. Ihre Mutter Rosa Sänger wurde 1942 nach Theresienstadt deportiert, wo sie im September 1944 starb. Edith war bereits 1928 ins Allgäu gezogen. Von ihr fehlt jegliche Spur.

Da es ihnen während der NS-Zeit unmöglich gewesen war zu heiraten, ließ Leonhard Eckertsperger im März 1949 postum eine Eheschließung mit Priska Schluttenhofer eintragen. 2023 erwarb das Jüdische Museum München das Porträt aus seinem Nachlass.

Priska Schluttenhofer im Biografischen Gedenkbuch der Münchner Juden 1933–1945.