Für uns als Jüdische Museen war dabei der Austausch untereinander ein zentraler Faktor, denn auch wenn wir alle vor ähnlichen Herausforderungen stehen, gibt es doch auch Unterschiede: Von eigentlich geplanter Ausstellungseröffnung, eigentlich geplanter Wiedereröffnung nach Umbauphase bis hin zur noch teilweise ausstehenden Eröffnung. Wenig flexible historische Gebäude und Neubauten, traditionelle Social Media Nutzung und bereits vorbereitete digitale Ausstellungen.
Vom Sammeln …
Viele Museen haben in den letzten Wochen Objekte zur Corona-Krise gesammelt. Jüdische Museen müssen erst einmal entscheiden, welche von diesen „Corona-Objekten“ für sie relevant sind. Das Jüdische Museum Berlin beispielsweise hat einen Aufruf gestartet, der speziell nach Objekten, Bildern und Videos vom diesjährigen Sederabend gefragt hat. Auf die eigenen vier Wände beschränkt mussten Familien kreativ werden, um das Fest dennoch gemeinsam verbringen zu können. Mit einem solchen Aufruf verändert sich auch die Sammlungsarbeit eines Museums: Nicht im Nachhinein, sondern während eines (vermeintlich?) geschichtsträchtigen Ereignisses werden Objekte gesucht und ausgewählt.
Eine weitere Herausforderung ist das Aufbereiten von digitalen Daten, insbesondere solchen, die den Institutionen über die Social Media Kanäle zur Verfügung gestellt werden, für deren Sammlungen und Archive. Wie viele und welche Inhalte sollen gespeichert werden und wie verändert das die Sammlungen der Museen in der Zukunft?
Diese zwei Bilder sind zum Beispiel eingesendet worden:
Weitere Einsendungen sind übrigens auf dem Blog des Jüdischen Museums Berlin zu finden.
Im Jüdischen Museum Frankfurt wurden keine Objekte gesammelt, sondern vielmehr die Auswirkungen der Corona-Krise auf die jüdisch-religiöse Lebensweise dokumentiert: Die Kuratorin Sara Soussan führte Interviews mit verschiedenen Persönlichkeiten der Frankfurter jüdischen Gemeinde, beispielsweise mit dem Verwalter der Jüdischen Friedhöfe, Majer Szanckower. Hier ein Foto der Dreharbeiten:
… zur Hygiene …
Auch die einzelnen Hygienekonzepte der Museen weisen kleinere Unterschiede auf, je nach den örtlichen Gegebenheiten. Gesetzliche Vorgaben und die Ergebnisse aus Besucher*innenbefragungen, wie vom Jüdischen Museum Frankfurt, setzten den Rahmen für die unterschiedlichen Maßnamen. Atemschutzmasken sind allerdings ein Anblick, an den wir uns in allen Museen werden gewöhnen müssen – vielleicht gar nicht so schwer, wenn es so schöne Exemplare gibt, wie im Jüdischen Museum Frankfurt.
… zur Ausstellungsgestaltung …
Besondere Auswirkungen haben die Regelungen zur Hygiene auf die Benutzung von Multimediastationen und sogenannten Hands-On Stationen: Objekte in die Hand nehmen, ausprobieren, benutzen, Kultur tatsächlich begreifen – aus Hygienegründen ist das derzeit nicht möglich. So konnte beispielsweise im Jüdischen Museum München das Lesecafé in der aktuellen Wechselausstellung nicht wie geplant eingerichtet werden. Gesucht wird nun nach Alternativen: Kann das eigene Smartphone zur Multimediastation werden? Auch ein Museum wie das im Bau befindliche MiQua in Köln muss derartige Veränderungen und Restriktionen in die schon weit fortgeschrittenen Planungen einbeziehen.
… zur Vermittlung …
Die Vermittlung vor Ort macht jetzt wieder erste vorsichtige Schritte auf ihre Besucher*innen zu, nachdem kurzzeitig vollständig auf digitale Angebote ausgewichen werden musste. Bis die ersten Schulklassen oder größere Gruppen die Museen wieder besuchen können, wird aber noch einige Zeit vergehen. Bis dahin werden auch hier andere Wege beschritten: Beispielsweise vom Jüdischen Museum Augsburg in Form von Stadtführungen, die gerade in Arbeit sind. Und auch das Jüdische Museum München bezieht den öffentlichen Raum in seine Konzeptüberlegungen für die nächsten Monate mit ein. Das Jüdische Museum Franken wiederum überlegt Infopoints als Alternative zur klassischen Führung einzurichten.
Die Leitung der Vermittlung des Frankfurter jüdischen Museum Kathrin Schön hat in einem Blogbeitrag ihre Überlegungen und die Ergebnisse zusammengefasst.
… zum Digitalen …
Die letzten Wochen waren für alle Museen auch eine Zeit des Ausprobierens: Digitale Formate und alternative Inhalte sind entwickelt worden, im Falle des Jüdischen Museums Westfalen ganze “Care Pakete”. Doch verschwinden diese Angebote nun nach erneuter Öffnung wieder? Auch das wird von den Museen individuell entschieden werden müssen. Sicher ist, dass es sich lohnt, in den verschiedenen Social Media Kanälen der Museen die Timeline auch mal länger zurück zu scrollen.
… und schließlich zur Wiedereröffnung.
Auch wenn viele Jüdische Museen wieder geöffnet sind – die Pandemie hat weiter Einfluss auf unsere Arbeit. Und wie soll das eigentlich aussehen, dieses „danach“, über das wir sprechen? Was meint „zurück zur Normalität“? Wird im post-Corona Museum alles wie zuvor?
Die ersten Besucher*innen konnten in einigen Jüdischen Museen bereits wieder begrüßt werden, aber dennoch geht noch nicht wieder alles seinen gewohnten Gang. Bis dahin stehen uns noch weiter Herausforderungen bevor. Dabei bleibt der Austausch zwischen den Jüdischen Museen auch weiterhin ein zentrales Element, weshalb wir auch in Zukunft gemeinsam #danachdenken.
sehr interessanter Artikel. Vielen Dank
Ein spannender Artikel. Wer hätte vor einem Jahr gedacht, dass Museen sich weltweit über Hygienekonzepte Gedanken machen müssen. Wir waren diesen Sommer im Stedelijk Museum Amsterdam. Von Online Tickets lenken die Besucher – Hygienemaßnahmen gut umgesetzt. Mehr Infos hier: https://www.travelguide.amsterdam/de/museum/stedelijk-museum/
Wir haben uns wohlgefühlt und freuen uns auf unseren nächten Besuch bei Euch in München