Bereits in der zweiten Volksschulklasse bekam ich erstmals die sogenannten „Gratis-Schulbücher“, kurz darauf folgte die „Gratis-Schulfahrt“ mit öffentlichen Verkehrsmitteln und 1974 (!) schaffte ein neues „Schulunterrichtsgesetz“ die Prügelstrafe und andere Formen schulischer Strafarbeiten ab. Alle diese Maßnahmen initiierte Bruno Kreisky, weil er aus dem etwas verstaubten und konservativen Österreich einen modernen Sozialstaat nach dem Vorbild Schwedens schaffen wollte, das ihm, dem revolutionären Sozialisten und Juden, in den Jahren seiner Emigration Schutz geboten hatte.
Als Kreisky 1983 von der politischen Bühne abtrat, war ich schon 20 Jahre alt, hatte meinen Zivildienst hinter mir (den natürlich auch er – 1975 – eingeführt hatte). Ich bin deshalb ein Stück weit wohl das, was man heute in Österreich nicht ganz ohne Verklärung ein „Kind der Kreisky-Jahre“ nennt.
In unserer Ausstellung kommt Bruno Kreisky aber nicht wegen seiner politischen Reformen vor, sondern weil er der erste und vielleicht bis heute einzige Unterhaltungskünstler in der Politik war. Am besten konnte man das jeden Dienstag in der Zeit im Bild, der Hauptnachrichtensendung des ORF sehen: Am Dienstag Vormittag fand immer der „Ministerrat“ (so heißen in Österreich die Regierungssitzungen) statt und danach gab es eine von Kreisky erfundene Institution, das „Pressefoyer“. Ganz ohne Pressesprecher und Spin Doctor im Hintergrund tauchte Kreisky in die vor dem Ministerratssaal wartende Journalistenmenge ein, die für ihn nicht eine „Meute“ war, sondern sein Spielzeug, sein Lautsprecher, seine vielleicht wichtigste Verbindung zu seinen Wählern. Was dort passierte und was es mit dem „Lernen Sie ein bisserl Geschichte, Herr Reporter“ auf sich hat, kann ein anderer großer Österreicher, der Regisseur Axel Corti, besser erzählen:
Foto: Liesl Ponger