Dieser Abschnitt, der thematisch in die drei Abschnitte des Vorher, Nachher und die Passage gegliederten Ausstellung, veranschaulicht die Phase des Übergangs zu einem neuen Glauben und zeigt Menschen, die in einem rituellen Prozess die alte religiöse Identität hinter sich lassen. So können ab kommenden Mittwoch die Besucher Zeuge einer „Babykonversion“ der kleinen Chava Esther Grossmann sein, die durch Eintauchen in der Mikwe zum vollwertigen Mitglied einer liberalen jüdischen Gemeinde in den USA wird oder mehr von der Vision erfahren, die Georg Schwikart im Traum erschienen ist und ihn dazu bewog, seinen katholischen gegen den evangelischen Glauben einzutauschen, der ihm „ein Dach über dem Kopf“ biete, „aber ohne Wände“ sei.
Dass Konversionen, vor allem in der Vergangenheit, keinesfalls immer Resultat einer individuellen, selbstbestimmten Entscheidung sind, etwa dem Wunsch nach spiritueller Selbstverwirklichung entspringen oder aus Liebe zu einem andersgläubigen Partner erfolgen, sondern oft durch Zwang oder auf gesellschaftlichen Druck erfolgte, davon zeugen vor allem Objekte in der ersten Station der Ausstellung, in der das „Vorher“, die Ausgangssituation der Konvertiten verhandelt wird. Ein Beispiel ist hier das Schicksal Gustav Mahlers, der sich von der Taufe den Eintritt in die bürgerliche Gesellschaft und die Aufhebung der bisherigen beruflichen Schranken verspricht : „Mein Judentum verwehrt mir, wie die Sachen jetzt in der Welt stehen, den Eintritt in jedes Hoftheater. Nicht Wien, nicht Berlin, nicht Dresden, nicht München stehen mir offen. Überall bläst der gleiche Wind.“
Wie gestaltete sich nun aber das Leben nach dem Überritt und mit der neuen religiösen Identität? Wurden die Hoffnungen auf eine gesellschaftliche Gleichstellung erfüllt? Die gefühlte Leerstelle im eigenen Leben durch die Konversion mit Sinn angereichert? Erwies sich die Neugestaltung der Identität als Gewinn oder war sie durch Entfremdung und Wurzellosigkeit teuer erkauft?
Die Ausstellung „Treten Sie Ein! Treten Sie aus! Warum Menschen ihre Religion wechseln“ ist ab dem 2. Oktober 2013 im Jüdischen Museum München zu sehen. Herzlich willkommen in den Räumen des Museums sind alle interessierten Besucher auch bereits einen Tag zuvor zur Eröffnungsfeier um 19 Uhr.
Foto2: Still aus Baby Conversion to Judaism; Regie: Jennifer Kaplan, USA 2010, Youtube
Foto3: Bela Balazs, Katalog S. 216: Karikatur auf Béla Balazs, um 1919; öffentliche Museumssammlung Hatvan
Während ich in der Ausstellg. war erinnerte ich mich:
Vor einigen Jahren suchte ich in den Filmen, die ich mir von den Mormonen ausleihen konnte nach Dateien meiner jüd. Großeltern aus. Dabei hatte mich ein Eintrag so bewegt, dass ich dies abschrieb:
Unterlagen der Gemeinde – WIEDER AUFGENOMMEN Dr. Sachs 28. 8.1933
„Die heutige Zeit erfordert ja mehr denn je den Zusammenschluß. wir freuen uns, daß sie den Weg zurückgefunden haben. Erwin Kassel – Aushang – öffentlich an der Tafel der Synagoge 28.August 1933
Es gab all die Austritte aus der jüd.Religionsgemeinschaft, mit der Hoffnung zu überleben! Welcher Mut gehörte dazu, öffentlich wieder einzutreten im Jahr 1933.
Viele Grüße
Rita Kratzenberg