Die Beiträge setzen sich mit dem diskursiven Feld einer so genannten „Kunst nach Auschwitz“ auseinander. Umstritten ist immer noch, auf welche Weise die Kunst an der Schaffung eines Erinnerungs- und Gedächtnisortes teilhaben kann.
Nach wie vor muss sie sich dem Vorwurf der Instrumentalisierung und Ästhetisierung des Schrecklichen stellen. Das Dilemma von Literatur und Kunst – die ihnen aufgelastete Bürde, einen gemeinsamen und verbindlichen Gedächtnisraum zu schaffen – zeigt sich in anschaulicher Weise z.B. in der Diskussion, die der Errichtung des Berliner „Denkmals für die ermordeten Juden Europas“ vorausging.
Die Instabilität der Erinnerung an die Shoa wird aber auch in solchen Diskussionen deutlich, wie sie Tomasz Gross‘ Buch „Nachbarn“ in Polen ausgelöst hat, das die Frage einer polnischen Mitverantwortung aufwirft. Die Vortragsreihe untersucht diese unterschiedlichen Diskurse und stellt die Frage, inwiefern die europäisch-jüdische Literatur an der Shoah-Erinnerung teilnimmt.
Die Referenten werden sich in ihren Beiträgen mit der Problematik der „Adäquatheit“ literarischen Schreibens nach Auschwitz auseinandersetzen und dabei über die Frage reflektieren, wie Erfahrungen, die Individuen nicht selbst erlebt haben, dennoch tradiert werden können. Denn das Sterben der Augenzeugen der Shoah in den vergangenen Jahren führt dazu, dass sich im Kontext der Erinnerungskultur die zweite und dritte Generation in den Vordergrund schiebt und damit die Frage nach der Zeugenschaft neu gestellt und debattiert werden muss.
Darüber hinaus interessiert aber auch die gesellschaftliche Bedeutung der Shoah-Narrationen, ihr Platz im kollektiven Gedächtnis der deutschen Kultur, ihre Verstrickung in die offizielle Gedächtnispolitik, weshalb die Vortragsreihe ganz bewusst in Kooperation mit dem Jüdischen Museum München durchgeführt wird. Ein Jahr später wird sie in Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Museum Berlin und der Freien Universität wiederholt werden.
Die Vortragsreihe will nicht Ausdruck eines abgehobenen Wissenschaftsdiskurses sein, sondern die Zusammenarbeit und die Schnittfelder von Museum und Wissenschaft aktiv diskutieren und die gesellschaftliche Reflexion über diese Zusammenhänge unterstützen.
Der Eintritt ist frei.
Idee und Leitung: Prof. Dr. Dorothee Gelhard, Universität Regensburg in Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Museum und der Friedrich-Ebert Stiftung
.
Weitere Vorträge im Rahmen der Ringvorlesung, jeweils Donnerstags, 18 Uhr im Jüdischen Museum München:
24.6. Jeffrey A. Barash (Paris): Erinnerungskulturen
1.7. Andreas Isenschmid (Berlin): „ Self displaced person. Peter Szondis problematisches Judentum
8.7. Irmela von der Lühe (Berlin): Negative Symbiose? Positionen deutsch-jüdischer Gegenwartsliteratur