Superhelden zu Gast im Jüdischen Museum


Superman und Green Lantern starten durch


Die Künstlerin Sarah Glidden signiert ihre Graphic Novel


Howard Chaykin und Bill Morrisson im Gespräch mit Heiner Lünstedt

Sie starten wieder durch. Über die Köpfe der Zuhörenden hinweg, mitten im Getümmel nehmen sie kurz Anlauf und heben ab, zur nächsten Mission. Clark Kent als Superman – Hal Jordan als Green Lantern und Ben Grimm als The Thing. Im Rahmen des diesjährigen Comicfestivals waren die drei Superhelden der amerikanischen Comicszene für einige Tage bei uns zu Besuch, im Foyer des Jüdischen Museums.
Ihre Mission haben Sie erfolgreich erfüllt, die Botschaft unterhaltsam, aber klar übermittelt: Viele amerikanische Superhelden-Comics sind eng verknüpft mit jüdischer Kultur und Tradition – und um diese engen Beziehungen zwischen den Erfindern von Batman, Superman und Co., deren jüdischen Hintergrund und Lebensgeschichte und die daraus sich entwickelte Sicht des Storytellings sollte es in den drei Veranstaltungen im Jüdischen Museum München gehen.
Auch ein ganz aktuelles Beispiel aus der internationalen Szene der Graphic Novel wurde genauer unter die Lupe genommen. Die junge amerikanische Künstlerin Sarah Glidden eröffnete den Veranstaltungsreigen mit einer Vorstellung ihres Buchs „How to understand Israel in 60 days or less“, das nun seit gut einer Woche auf dem deutschen Buchmarkt zu erwerben ist. In dieser sehr interessanten Graphic Novel reist die Hauptfigur – Sarah Glidden selbst – als säkularisierte amerikanische Jüdin auf einer Birthright-Tour nach Israel und möchte sich nun selbst ein Bild von dem schwierigen und emotional hoch aufgeladenem Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern machen. Sie erzählt sehr detailliert und historisch versiert von ihrer Reise durch das Land Israel und den unterschiedlichen Begegnungen mit den dort lebenden Menschen.
In dem gut einstündigen Gespräch zwischen Michael Kompa, einem der Veranstalter des Comicfestivals, und Sarah Glidden konnte das Publikum eine sehr differenzierte Künstlerin erleben, die ihre Arbeit im Sinne journalistischer Aufklärung auch dafür nutzt, Nachrichtenmuffel mit Hilfe Ihrer Graphic Novels über das politische, gesellschaftliche und kulturelle Leben in sogenannten Krisenregionen aufzuklären. In ihren derzeitigen Arbeiten setzt sich Glidden mit ihren kürzlich gemachten Reisen und Erfahrungen in der Türkei, im Nordirak und Syrien auseinander.

Danach wurde es etwas ungeordneter, laut und bisweilen irritierend provokant: Howard Chaykin betrat die kleine Bühne des Foyers und er nutzte den Raum, den die Veranstaltung ihm bot – wie soll man sagen – ja, vollständig für sich! Bereits angekündigt als „Entertainer himself“ war der große Veteran des amerikanischen Superhelden-Comics (die politisch-satirische Comicserie aus The American Flagg aus den 1980ern stammt aus seiner Feder), gemeinsam mit Simpsons-Starzeichner Bill Morrison eingeladen, um über den Einfluss der jüdischen Kultur in amerikanischen Comics zu diskutieren. Es war letztendlich mehr ein persönlicher Einblick dieser beiden Comickünstler auf ihre Lebensläufe und ihr eigenes Storytelling, dadurch aber nicht minder interessant und durch die leichte, lockere Art der beiden für alle sehr unterhaltsam.

Am letzten Tag des Comicfestivals widmete sich Ralf Palandt in seinem Vortrag „jüdische Identitäten von Comic-SuperheldInnen“ noch einmal der Frage „wie jüdisch sind die Superhelden eigentlich?“ The Thing, Ragman, Sabra, Shaloman – sind explizit jüdische SuperheldInnen. Bei einigen erfährt man beiläufig von ihrer jüdischen Herkunft, bei anderen ist die Geschichte des Judentums Teil Ihrer SuperheldInnen Identität. Sie tragen den Davidstern oder den siebenarmigen Leuchter auf ihrem Trikot und kämpfen gegen Dr. Mengele oder den Chanukah Thief. Ralf Palandt stellte Jüdinnen und Juden mit Superkräften aus US- und israelischen Comics sowie ihre Verbindungen zur jüdischen Geschichte vor und entließ das zahlreich erschienene Publikum mit ganz neuen Einblicken in die Welt der Superheroes.