Im Juni 1938 wurde die Münchner Hauptsynagoge in der Herzog-Max-Straße auf direkten Befehl Hitlers abgerissen. Sie war die erste Synagoge deutschlandweit, die von den Nationalsozialisten zerstört wurde – fünf Monate vor den Novemberpogromen. Der prächtige Synagogenbau, der ab 1887 zwischen Künstlerhaus und Frauenkirche seinen Platz im Herzen der Münchner Innenstadt hatte, verschwand aus dem Stadtbild und dem Bewusstsein der Münchnerinnen und Münchner. Erst 1969 wurde an der Stelle der abgebrochenen Hauptsynagoge ein Mahnmal errichtet. Mehr zur Geschichte der Münchner Hauptsynagoge können Sie hier nachlesen.
Sensationsfund in der Isar
Materielle Überreste der Münchner Hauptsynagoge waren so gut wie keine erhalten. Dass nun die Trümmer der Synagoge im Großhesseloher Isarwehr wiederentdeckt wurden, ist eine Sensation, über die auch die internationale Presse berichtet. Unten dazu ein aktueller Überblick.
Die Trümmer wurden bei Baumaßnahmen zum Hochwasserschutz 1956/57 in der Isar verbaut. Und zwar von der Firma Leonhard Moll, die bereits den Abbruch der Synagoge 1938 vorgenommen hatte. Unter den Trümmern befand sich auch ein Fragment des Tora-Schreins mit den Gesetzestafeln. Mitarbeitende der Münchner Stadtwerke identifizierten bei den Bergungsarbeiten rasch die hebräische Schrift und verständigten das Landesamt für Denkmalpflege, das uns als Experten hinzuzog. Die verschiedenen Bauteile werden in den kommenden Wochen weiter untersucht. Noch ist zu klären, ob sich unter den Trümmern auch Bauteile der nur wenige Tage später in der Sonnenstraße abgerissenen Matthäuskirche befinden. Die gesamte Aufarbeitung des Materials dürfte nach Schätzung des Landesamtes für Denkmalpflege gute zwei Jahre dauern.
Wie geht es weiter mit diesem kostbaren Fund, wenn die Untersuchungen abgeschlossen sind? Dr. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, sagt dazu:
Ich lege seit jeher Wert auf die Feststellung, dass unsere Kultusgemeinde im Sommer 1945 nicht neu-, sondern wiedergegründet wurde. Die Traditionslinie geht zurück bis 1815. Alle Relikte, die aus dieser alten Zeit kommen, sind deshalb besonders wertvoll, und für sichtbare Reste unserer alten Hauptsynagoge gilt das noch mehr. Ich freue mich darauf, dass sie in die Gemeinde zurückkehren und uns ein Stück der eigenen Geschichte zeigen.
Charlotte Knobloch (Münchner Merkur, 6. Juli 2023)
„Der Stein bedeutet für uns ein Zeichen unserer Identität und unserer Tradition,“ betont auch Eva Ehrlich, Vorsitzende der Liberalen Jüdischen Gemeinde München Beth Shalom. (Süddeutsche Zeitung, 5. Juli 2023) Das Jüdische Museum München wird die historische Aufarbeitung des Fundes mitbegleiten und hier auf dem Blog über die weitere Entwicklung berichten.
Internationales Presseecho
The New York Times, 6. Juli 2023: Pieces of Munich Synagogue, Destroyed on Hitler’s Orders, Found in River (kostenpflichtig)
CNN, 6. Juli 2023: Construction workers uncover remains of Munich’s main synagogue, destroyed by Nazis
The Times of Israel, 6. Juli 2023: Rubble from Munich synagogue razed on Hitler’s orders found during construction work
Jewish Telegraphic Agency, 6. Juli 2023: Nazis destroyed Munich’s main synagogue in 1938. Parts of it were just found in the city’s river
The Jerusalem Post, 7. Juli 2023: Ruins of Nazi-razed Munich synagogue found in city’s river
Haaretz, 7. Juli 2023: 85 Years After Its Destruction, Ruins of the Great Synagogue of Munich Found in a River
National Public Radio, 6. Juli 2023: Parts of a Munich synagogue demolished by Nazis are found in a river 85 years later
BBC News, 6. Juli 2023: Ruins found of Munich synagogue destroyed by Hitler
Miami Herald, 6. Juli 2023: Hitler ordered German synagogue destroyed 85 years ago. The ruins vanished — until now