11 JEWKBOX!-Classics von Heiner Hendrix

Münchens vielleicht buntester Hund hat in der Langen Nacht der Museen im Jüdischen Museum seine liebsten Platten aufgelegt: Heiner Hendrix, auch als Singer/Songwriter für Angela Aux und Aloa Input bekannt, ist Mastermind des Kulturfestivals Panama Plus und Mitglied der Rationalversammlung. mucbook-Leser kennen ihn als Kolumnist der „Gefühlswelt“. Zweifelsfrei der richtige Mann, um aus hunderten Songs der Ausstellung JUKEBOX.JEWKBOX! die schönsten Perlen herauszutauchen. Unser Medienpartner mucbook hat ih gefragt, welche Songs au der Ausstellung er in seinem Set unverzichtbar findet.

The Barry Sisters – Bei mir bisti sheyn
So etwas wie der Superhit der jüdischen Weltgemeinde Ende der 30er. Die Barry Sisters waren die erfolgreichsten Interpreten des Songs, der eigentlich aus einem Musical Anfang der 30er stammt. Die Liste der Interpreten dieses Songs ist lang: Ella Fitzgerrald, Giora Feidman, Max Greger, Nina Hagen und Amy Winehouse.

 
Leonard Cohen – You Know Who I Am
„I cannot follow you, my lord, you cannot follow me“ – mit diesem Satz bringt Leonard Cohen so ungefähr alles auf den Punkt, was zu den Themen Religion, Herrschaft und Individualismus zu sagen wäre. Der Herr ist eben einer der größten Poeten, die in der Popmusik jemals ihr Unwesen getrieben haben. Dieser Satz bzw. dieser Song wäre für viele anderen Songwriter ein Highlight, für Leonard Cohen ist es „nur“ einer unter vielen. Seine ersten drei Alben sollten im Schulunterricht besprochen werden.

Beastie Boys – Sure Shot
Die Beastie Boys eben, eine Institution. Was soll man zu diesem Song sagen? Scheißegal zu welcher Tages- und Nachtzeit oder auf welchem Kontinent man diesen Track auf den Plattenteller legt, sofort bewegen sich alle wie auf einer eingeseiften Hüpfburg. Die Stimmung ist dann eher so Kindergeburtstag mit standesgemäßem Zuckerschock.

The Ramones – Blitzkrieg Bop
Kennt man eh. Aber wenn man eher einen Bogen um die Ramones gemacht hat, wie ich zum Beispiel, dann entging einem natürlich eine delikate Metaebene. Nazi-Symbolik und -Begrifflichkeiten als Provokation einzusetzen, war in der angelsächsischen Punkbewegung weit verbreitet (Die Vorgängerband von „The Clash“ hieß beispielsweise „The London SS“). Als quasi-jüdische Band mit einem Punk-Hit namens „Blitzkrieg-Bop“ weltberühmt zu werden, ist trotzdem mehr als bemerkenswert. Deutsche Punks überließen das Rumfuhrwerken mit Nazi-Issues übrigens lieber ihren hirnamputierten Gegnern.

Neutral Milk Hotel – In an Aeroplane over the Sea
Die gleichnamige Platte der großartigen Band Neutral Milk Hotel gilt als eine der besten Folkplatten der 90er. Das liegt nicht nur an den Melodien und Jeff Magnums unglaublicher Stimme, sondern auch an den Lyrics. Die Songwriter Magnum und Schneider beziehen sich durchgängig auf die tragische Geschichte von Anne Frank. Diese Platte ist übrigens in psychologischen Einrichtungen der USA verboten, sie soll nämlich Depressionen auslösen können. Das Thema ist eben Heavy Shit. Die Platte sollte man sich trotzdem umgehend zulegen.

Ariel Pink – Only in My Dreams
Anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören, anhören.

Vampire Weekend – Cape Cod Kwassa Kwassa
Von dieser Milchbart-Hipsterband mit Frontman Ezra Koenig kann man halten was man will, aber Hits schreiben können sie. Vor allem die Mischung aus Popmusik und Afrika steht den Herren prächtig. Inwieweit sie dabei die legendäre Paul Simon „Graceland“-Platte verblaupausen, sollte sich jeder selbst beantworten. Simon und Koenig sind aber immerhin Konfessions-Homies. Bleibt also alles in der Familie.

Amy Winehouse – Between the Cheats
Eines der tragischen Genies im Popzirkus der letzten 20 Jahre, was spätestens seit dem Kinofilm allen bekannt sein dürfte. Diese Stimme!! Gehörigen Anteil an Amys Songs und vor allem ihrem freshen Vintage-Sound hat einer der hippsten Producer unserer Zeit: Mark Ronson.

Suicide – Ghost Rider
Legendäres Riff, legendärer Song, legendäre Band. Muss man gehört haben, bevor man in die Hölle kommt. Wenn man in den Himmel will, können einem Suicide wurscht sein. Wobei: Vielleicht könnte man über den Song doch auf den Geschmack kommen. So oder so: Wenn du diese Band nicht kennst, dann schleunigst Geldbeschaffungsmaßnahmen einleiten und alles kaufen, was sie jemals gemacht haben.

The Alchemist – Shalom Alechem
Der feine Herr Alchemist ist nach Israel in den Urlaub gefahren. Als Beatbastler hat er sich natürlich durch die Plattenläden gefressen und wie bekloppt Samples gesammelt. Rausgekommen ist das Album Israeli Salad – auf der Platte finden sich nur Samples von israelischen Platten aus den letzten 60 Jahrzehnten. Aber ganz schleunigst besorgen! (Tipp der Redaktion: Wer wissen will, wie sich der Beat standesgemäß zerbröselt anhört, muss noch Bully Rap von Sean Price suchen. One of the best to ever do it. R.I.P., P!)

Bob Dylan & Allen Ginsberg – Vomit Express
Wenn diese beiden Legenden einen Song miteinander machen, dann werde ich nicht anfangen, zu erklären, was daran gut ist. Es ist auch ganz einfach: Alles ist gut daran, vor allem die beschissene Aufnahme. Das versteht heute fast niemand mehr, dass die Formebene auch Inhalt haben kann. Über diesen Satz kann man schon mal nachdenken bei diesem Anlass.