Die Debatten nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs um eine mögliche Teilung Palästinas zur Schaffung eines sogenannten jüdischen Staates führten im britischen Mandatsgebiet wiederholt zu gewaltsamen Ausschreitungen. Die palästinensisch-arabische Bevölkerung sah sich in diesen Plänen unmittelbar mit dem Verlust ihrer Heimat konfrontiert. Die jüdische Bevölkerung sah sich vor dem Hintergrund der Schoa mehr denn je durch das Fehlen einer zentralen „Heimstätte“ bzw. eines Staates gefährdet. Und sowohl die palästinensisch-arabische als auch die jüdische Bevölkerung begehrte gegen die britische Mandatsmacht auf. Um Gewaltakte in Jerusalem einzuschränken, richtete die britische Mandatsregierung daher strategisch lokalisierte Schutzzonen ein, die beispielsweise eine Radiostation, ein staatliches Krankenhaus und das bekannte Notre Dame Hostel umfassten. Abgesperrt waren diese Zonen unter anderem durch den charakteristischen Stacheldraht.
In der Bevölkerung wurden diese Gebiete „Bevingrad“ genannt. Dabei handelt es sich um eine Kombination aus dem Namen des britischen Außenministers Ernest Bevin und Stalingrad, wo es ähnliche Befestigungsanlagen gegeben hatte.
Ernest Bevin war maßgeblich daran beteiligt, dass das sogenannte „Weißbuch“ in Kraft blieb. Dieses hatte seit 1939 die britische Politik in Palästina bestimmt. Hatte die britische Regierung 1917 in der Balfour-Deklaration noch die Schaffung einer „nationalen Heimstätte“ für Jüdinnen und Juden zugesichert, so wurde nun ein vereinigtes Palästina angestrebt. Eine Teilung in zwei Staaten war nicht vorgesehen. Darüber hinaus war das sogenannte Weißbuch die Grundlage für die Einwanderungsbeschränkungen jüdischer Flüchtlinge während der Schoa nach Palästina.
Für die Menschen in Jerusalem bedeutete Bevingrad eine starke Einschränkung ihres Alltagslebens, da es nicht mehr möglich war sich frei durch die Stadt zu bewegen. Gabriella Rosenthal zeigt in ihren Zeichnungen aber auch wie sich die Bevölkerung mit den Umständen arrangierte. Obwohl sie eine im Grunde bedrückende Situation wiedergibt – die Begrenzung der alltäglichen Bewegungsfreiheit – macht Gabriella Rosenthal auch deutlich, dass der Alltag seinen gewohnten, wenn auch angepassten, Gang weitergeht: In „Ein schmaler Grat“ unterhalten sich zwei gut betuchte Damen angeregt, es werden Lebensmittel und Kinder sicher durch die Menschenmenge getragen, der Zeitungsjunge versucht auch weiterhin die Palestine Post an die Leute zu bringen – vielleicht ja sogar mit einer Zeichnung von Gabriella Rosenthal darin.