Hanna Zimmermann: Eine jüdische Überlebensgeschichte

Die Zeitzeugin Hanna Zimmermann sprach zum „Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“ in der Evangelische Stadtakademie München. Sie teilte im Gespräch mit Andreas Heusler ihre Erinnerungen an das Leben mit ihrer Familie im Getto Łódź, in den Konzentrationslagern Auschwitz, Bergen-Belsen und Neuengamme.
Veranstaltung mit Zeitzeugin Hanna Zimmermann in der Evangelischen Stadtakademie, 28. Januar 2024, Foto: Sarah Steinborn

1924 wurde Hanna Zimmermann im tschechischen Aussig in Nordböhmen (heute: Ústí nad Labem) geboren. Dort wuchs sie in einer liberalen jüdischen Familie auf und besuchte eine deutschsprachige Schule. Zimmermann erinnert sich gerne an die Schulzeit, an ihre Freundinnen und das gemeinsame Lernen. Aufgrund des zunehmenden Antisemitismus im Land wurde sie jedoch mit zwölf Jahren gezwungen, auf eine tschechische Schule zu wechseln. Sie verlor ihre deutschsprachigen Freundinnen und konnte ohne tschechische Sprachkenntnisse dem Unterricht kaum folgen.

Im Oktober 1938 wurde Aussig als Teil des Sudentenlandes dem Deutschen Reich zugesprochen. Die antisemitischen Gesetze der NS-Regimes traten auch für die jüdische Bevölkerung Böhmens und Mährens in Kraft. Zunächst durfte der Vater von Hanna Zimmermann seinen Beruf nicht mehr ausüben, Hanna selbst musste die tschechische Schule verlassen. Die Familie zog nach Prag und lebte dort bis 1941. Schon vor der Zeit im Getto grenzten Gesetze wie die Kennzeichnungspflicht mit einem gelben Stern, rationierte Lebensmittel sowie das Besuchsverbote für kulturelle Veranstaltungen oder auch Parks das Leben von Jüdinnen und Juden stark ein.

1941 wurde Hanna Zimmermann mit ihrer Familie in das Getto Łódź in Polen deportiert. Über 350.000 Menschen lebten zu dieser Zeit bereits dort. Eindrücklich erzählt sie von den Kindern und ihrem unbeschreiblichen Leid. Die siebzehnjährige Hanna Zimmermann musste in einer Fabrik Zwangsarbeit leisten. Dort gab es keine Fensterscheiben, im Winter wehte der Schnee herein, im Sommer war die Hitze unerträglich. 1944 wurde das Getto aufgelöst und die letzten Bewohner*innen deportiert. Zimmermann wurde zunächst in das Konzentrationslager Auschwitz und im Herbst desselben Jahres in das Konzentrationslager Bergen-Belsen in der Lüneburger Heide verschleppt.  

In einer Munitionsfabrik für die Wehrmacht musste sie Schwerstarbeit leisten, zwölf Stunden stehend, Tag und Nacht. Sie berichtet von dem Hunger, der Angst und Hoffnungslosigkeit unter den Gefangenen, von dem Grauen, das sie in den Konzentrationslagern erlebt hat.

Doch Zimmermann schaffte es zu überleben. Am 14. April 1945 wurde sie in Salzwedel, einem Außenlager von Neuengamme, befreit. Fast ihre gesamte Familie, 36 Menschen, wurden von den Nationalsozialist*innen ermordet. Nur sie, ihre Mutter und ihre Schwester überlebten. Gemeinsam kehrten sie nach Prag zurück. Später wurde München die Heimat der Überlebenden.

Seit Jahren erzählt Hanna Zimmermann vor Schulklassen oder bei Veranstaltungen wie der heutigen von ihrem Schicksal. Sie möchte, solange sie kann, Fragen beantworten und an das Geschehen erinnern.

Im Anschluss an das Gespräch beantwortete Hanna Zimmermann ausführlich die Publikumsfragen.

Ein ältere Aufzeichnung mit Hanna Zimmermann gibt es auf dem YouTube-Kanal der Landeshauptstadt München.