Vot ken you mach? Bedeutet: Was kann man tun? Die Frage, gestellt in einem Mix aus Jiddisch und Englisch, ist einem Lied aus den zwanziger Jahren entnommen, das die Situation der in die USA eingewanderten Juden schildert. Die Kuratorinnen der Ausstellung geben diese Frage an die Generation junger Künstlerinnen und Künstler weiter, in deren Arbeiten die Auseinandersetzung mit der eigenen jüdischen Identität in Europa im Zentrum steht.
Gleich im Eingangsbereich reflektiert Tamara Moyzes (Prag) den Umgang mit vergessenen Orten in der jüdischen Geschichte von Prag mit einer Performance „Praque 7 – Geschäftszentrum anstelle eines Holocaustmahnmals“ (2012) aus Demonstrationsplane, Nachrichtenbericht und Einkaufswagen.
Ganz anders Claire Waffel (Berlin). Sie stellt Familiengeheimnisse und das Schweigen zwischen den Generationen ins Zentrum ihrer Betrachtungen. Der Ausgangspunkt der Videoarbeit „Die Rede“ (2013) ist der Abschied des Vaters aus dem aktiven Berufsleben und sein Wunsch, hierin über Unterlassungen zu sprechen.
Das Erinnerungsarchiv „The White Elephant Archive. Setting No. 2“ (2013) von Eduard Freidman (Wien) steht neben den fragmentarischen, verstörenden Momentaufnahmen „Radio“ (2004-11) aus Bilder, Geräuschen, Klängen und Textstücken von Ruth Novaczek (London). Der Satzfetzen in einem ihrer Kurzfilme „We are an identity in flux, Jewishness has many registers and tones, …“ umfasst eigentlich das Konzept der gesamten Ausstellung, die durch Lesungen, Konzerte, Filme, Comics und Gespräche noch einmal vielstimmiger wird.
Für den zweiten Ausstellungsort 2015 in Muszeum Wspolczesne in Wrocław werden sogar noch weitere Künstlerinnen und Künstler hinzukommen. Und Wrocław ist auch nur drei Stunden von Dresden entfernt….
Vot ken you mach? Kunst, Filme, Konzerte, Lesungen, Gespräche, Comics zu jüdischen Identitäten in Europa heute
im Kunsthaus Dresden – Städtische Galerie für Gegenwartskunst
bis 5. Mai 2014
mit Yael Bartana (Amsterdam/Tel Aviv/Berlin), Amit Epstein (Berlin), Karolina Freino (Wrocław) mit James Muriuki (Nairobi), Eduard Freidmann (Wien), Rafał Jakubowicz (Poznan), Sharone Lifschitz (London), Tamara Moyzes (Prag), Ruth Novaczek (London), Krystyna Piotrowska (Warschau), Nikola Radić Lucati (Tel Aviv/Belgrad), Barak Reiser (Frankfurt a. M.), Eran Schaerf (Berlin), Anna Schapiro (Dresden), Maya Schweizer (Berlin/Rom), Tehnica Schweiz – Gergely László & Péter Rákosi (Berlin/Budapest), Tal Sterngast (Berlin), Shira Wachsmann (Berlin), Arye Wachsmuth (Wien), Claire Waffel (Berlin), Kuratorisches Team: Christiane Mennicke-Schwarz (Dresden), Dorota Monkiewicz (Wrocław), Valentina Marcenaro (Dresden), Rafał Jakubowicz (Poznan)
Und nicht vergessen, mehr von Sharone Lifschitz ist noch bis 9. Juni 2014 im Jüdischen Museum München zu sehen.
Foto 1: Maya Schweizer, I, an archeologist, 2013, Videostill
Foto 2: Tamara Moyzes: „Prague 7“, 2012, Installationsansicht, (c) David Brandt
Foto 3: Claire Waffel: „Interior Curtain“, 2013 und „Die Rede“, 2013, Ausstellungsansicht, (c) David Brandt
Foto 4: Ruth Novaczek: Still aus „Radio“, 2004-2011