Von Marina Maisel
Als David mir die Tür aufmacht, muss er gleich wieder zu seinen Bohnen in die Küche. „Meine Mutter hat mir erst gestern gesagt, dass man die Haut abziehen soll.“, lacht David, „Alles muss man aus ihr herauskitzeln.“
David hantiert munter in der Küche. Die Nachtschicht in der Notschlafstelle für Minderjährige, in der David als Sozialarbeiter tätig ist, merkt man ihm nicht an.
„In meine Familie wurde immer gut und viel gekocht. An Pessach war der Tisch immer voller leckerer Sachen: Sülze, gefilte Fisch, diverse Salate und nicht zuletzt Fasol“, erinnert sich David „Es war ein köstliches Durcheinander von ukrainischer und jüdischer Küche.“
David ist der Sohn ukrainischer Kontingentflüchtlinge und kam in München zur Welt. „Als Kind empfand ich meine jüdische Herkunft als etwas, das ich besser für mich behalten soll. Meine Eltern sagten immer: Sei vorsichtig, sag es niemandem.“ David macht zwiespältige Erfahrungen. Als Kind im Hof zwischen albanischen, ägyptischen und türkischen Kindern fühlt er sich immer willkommen. Als er in der Realschule seine Herkunft offen zeigt, wird er von vielen nur noch als „der Jude“ wahrgenommen. Zwar kann er Vorurteile seiner Klassenkameraden abbauen, aber leider nicht bei allen. Auch als er Sozialarbeit studiert, hat er sein Jüdischsein nicht versteckt, „das war eine ganz andere Szene“.
In seiner Studenten-WG widmet er sich seiner Leidenschaft, der Kochkunst. „Ich bin kein schneller Koch, kochen ist für mich wie Meditation“, erzählt David, der dabei gar nicht vergeistigt wirkt, sondern lebhaft und voll Humor. Vor allem wenn er über die „Küchenherrschaft“ seiner Mutter spricht. Dabei verrät er, dass er gerade an einem Essay über seine Familiengeschichte arbeitet. „Von meinen Großeltern habe ich ein paar tragische Geschichten erzählt bekommen aus dem Zweiten Weltkrieg, wie sie im Versteck überlebt haben, wie sie Kinder verloren haben.“
David zerdrückt die gekochten Bohnen mit der Gabel. Dieses Gericht, hat seine Urgroßmutter Manja oft gemacht, weil ihr Sohn, also Davids Großvater, es so geliebt hat. Allerdings hat sie die Bohnen mit einem traditionellen Holzkartoffelstampfer zerdrückt. Und auch das hat ihm seine Mutter erst gestern erzählt. Aber David ärgert das nicht, im Gegenteil, er freut sich darauf, seiner Mutter nach und nach alle Familienrezepte zu entlocken.
Rezept
Zutaten
- 1 Tasse weiße Bohnen
- 2 mittlere Zwiebeln
- 3-4 EL Sonnenblumenöl
- 2 L Wasser zum Kochen
- Salz
- Schwarzer Pfeffer
Zubereitung
Weiße Bohnen waschen und im Wasser für ca. zwei Stunden einweichen lassen. Dann Wasser abgießen und die Bohnenhaut abziehen. Danach die Bohnen ca. 1,5 Stunden kochen, bis sie weich werden. Wasser nicht salzen!
Die Zwiebeln klein schneiden, in der Pfanne im Sonnenblumenöl goldig anbraten.
Wenn die Bohnen fertig sind und noch warm, werden sie entweder mit der Gabel oder mit dem Pürierstab zerkleinert. Nach Bedarf mit ein paar Löffeln Bohnenkochwasser die Bohnenmasse cremiger machen.
Das Bohnenpüree mit den gebratenen Zwiebeln vermischen und nach Geschmack mit Salz und Pfeffer abschmecken.
Der Aufstrich schmeckt gut warm oder kalt auf Brot.
Guten Appetit!