„Bier ist der Wein dieses Landes“ – so lautet der Titel der aktuellen Ausstellung im Jüdischen Museum in München, in deren Mittelpunkt jüdisch-bayerische Braugeschichten stehen. Sucht man nach ähnlich wohlklingenden und aussagekräftigen Zitaten zur Biergeschichte stößt der historisch Interessierte wohl schnell auf einen Ausspruch des Juristen und Staatskanzlers Wiguläus Alois von Kreittmayr aus der Zeit um 1750: „Wir leben in einem Land, wo das Bier gleichsam das fünfte Element ausmacht.“ Das angesprochene Land ist das Kurfürstentum Bayern, das im ausgehenden 18. Jahrhundert erstmals als „Bierland“ tituliert wurde. Dabei war der Weg dahin gar nicht so klar vorgezeichnet, denn noch bis ins 16. Jahrhundert galt Bayern eher als Weinland. Erst durch klimatische Veränderungen, die zu einer Krise im Weinbau führten, begann der Aufstieg des Biers zum bayerischen Nationalgetränk. 1859 konnte es ein niederbayerischer Arzt dann so formulieren: „Bier wird wirklich in großer Masse getrunken; Männer, Weiber, Kinder, alles trinkt gern Bier“.
Bis heute prägt Bier das Bild der Bayern – sowohl in der Selbst- als auch in der Fremdwahrnehmung. Insofern hat der Kabarettist Bruno Jonas mit seinem Ausspruch aus dem Jahr 2009 wohl recht, als er meinte: „Ohne Bier ist Bayern überhaupt nicht vorstellbar.“ Tatsächlich gehört es für viele von A bis Z zur bayerischen Lebensart: Anzapfen und Anbandeln, Bieraufstand und Bierkönigin, Craftbier und Freibier, Gambrinus und Darrfax, Hopfen und Malz, Rausch und Verdruss, Seidla und Pfiff, Weißbier und Wirtshaus, Zoigl und Zwickl. Der facettenreichen bayerischen Biergeschichte mit ihren Bierpatronen, Brauherren, Biermo¬nopolen, Bierkrawallen und Bierinnovationen widmet sich die Bayerische Landesausstellung „Bier in Bayern“ im ehemaligen Zisterzienserkloster Aldersbach im Passauer Land. Es versteht sich von selbst, dass auch das bayerische Reinheitsgebot aus dem Jahr 1516 thematisiert wird. Immerhin feiert es in diesem Jahr seinen 500. Geburtstag.
Auf über 1.500 Quadratmeter ist man eingeladen zum Schauen, Staunen, Hören, Riechen und zum Mitmachen. Überall in der Landesausstellung gibt es Spannendes zu entdecken. In der Darre begegnen die Besucher dem Esel beim Mälzen oder einer geisterhaft anmutenden Medieninstallation. Sudpfannen, Sau und Darrwender sind Stationen der alten Brautechnik, die an den Originalschauplätzen der alten Brauerei in Aldersbach zu erleben sind. Man lernt Pioniere des Brauwesens kennen wie den Pilserfinder Joseph Groll aus Vilshofen oder einen Münchner Bierspion. Die legendäre Schützenliesl fehlt genauso wenig wie eine Kell¬nerin, die von Biermadln und dem harten Arbeitsalltag um 1900 erzählt. Und dann dreht es sich nicht zuletzt um die Behältnisse für das Bier. Neben dem ungefähr 1500 Jahre alten „Urmaßkrug“ und dem wahrhaftigen Keferloher werden edle Trinkgefäße aus Gold, Silber, Elfenbein und Porzellan präsentiert.
In der ehemaligen Bibliothek des Klosters Aldersbach unter dem beeindruckenden Deckengemälde von Matthäus Günther aus dem Jahr 1760 präsentiert die Landesausstellung die Schlussabteilung: Das Bier und seine Bayern. Im Kern steht die Frage nach der Spannbreite des bierigen Bayernbildes. Ob biervernarrter Außerirdischer, biertrinkender Ex-Dienstmann und Problem-Engel Aloysius oder Nachahmungen bayerischer Bierfeste und Wirtschaften in der ganzen Welt: Der Bier-und-Bayern-Mythos hinterlässt (fast) überall seine Spuren.
Die Bayerische Landesausstellung „Bier in Bayern“ in Aldersbach geht noch bis zum 30. Oktober 2016 und ist täglich geöffnet von 9 bis 18 Uhr.
Beitragsfoto: Bayer. Landesausstellung „Bier in Bayern“: Blick in die Abteilung „Bierland Bayern?“ mit Gambrinus und Bavaria (Haus der Bayerischen Geschichte / Foto: © R. Ehm-Klier / innpressum)